Das YouTube Ökosystem

YouTube dominiert den deutschen Videoplattform Markt. Sowohl was die Videoabrufe, was die User als auch was die Sehdauer anbelangt ist YouTube ein Vielfaches größer als die nächsten Konkurrenten. Selbst die Privatsender mit ihren Videoportalen MyVideo und Clipfish sowie den jeweiligen Mediatheken erzielen nur einen Bruchteil der Abrufe von YouTube.

Es überrascht somit nicht sonderlich, dass die Sender aufhorchen und mehr Regulierung für Google fordern, wenn einmal mehr klar wird, dass YouTube auch Filme und TV-Inhalte auf der Plattform anbieten wird. Jedoch werden wahrscheinlich noch einige Jahre vergehen bis YouTube in diesem Feld ein attraktives Angebot aufweisen kann. Allein der Vergleich von YouTube Deutschland (keine Filme, Serien, Musik oder Mediatheken) mit YouTube UK oder USA zeigt wie groß die Lücken hierzulande sind.

Doch die Diskussion geht am Kern von YouTube vorbei. Natürlich wird die Plattform sich weiter professionalisieren aber die wahre Gefahr für die Sender sind nicht die Serien oder Filme, die irgendwann auf YouTube angeboten werden sondern die neuen Inhalte und Produzenten die auf der Plattform entstehen. Denn diese Angebote gehen komplett an den heutigen Strukturen vorbei und das bereits seit Jahren.

Ein neues Ökosystem entsteht

Einen schönen Einblick in dieses neue Ökosystem gab der Videoday 2012 auf der Gamescom. Dort trafen sich ca. 4300 YouTuber, die sich einerseits austauschen konnten und andererseits die Gelegenheit hatten ihre Stars zu treffen. Die Schlangen für Autogramme von AlexiBexi, Y-Titty oder Coldmirror gingen zum Teil durch die ganze Halle des Videodays.

Dass es YouTube ernst meint mit seinem Vorhaben ein neues Content-Angebot jenseits des Fernsehens aufzubauen zeigt nicht nur der Videoday sondern auch der Creators Space in London, die $100 Millionen für original Channels und die $200 Millionen zur Promotion der Inhalte. YouTube möchte sich langfristig unabhängig machen von Hollywood und den Inhalten der Sendern. Deshalb werden sowohl große Produzenten als auch YouTube-Natives hofiert und gefördert.

Top YouTube-Kanäle

Wie attraktiv ist es für YouTube-Partner und Produzenten Inhalte für die Plattform zu produzieren? Welche Umsätze generiert die Plattform jenseits der schwammigen Aussage, dass tausende Partner sechsstellige Einnahmen pro Jahr durch YouTube erzielen. Um diese Fragen näher zu beleuchten habe ich mir zehn der populärsten deutschen YouTube Kanäle näher angesehen.

Das Erstellen einer richtigen Top 10 ist angesichts der verschiedenen Dimensionen (Abonnenten, Gesamtabrufe, Abrufe letzter Monat, …) etwas schwierig. Deshalb ist die Liste eine subjektive Auswahl, die verschiedene Genres abdeckt und Werbekanäle (XboxViewTV) und Musikkanäle (Kontor) ausschließt. Die Liste umfasst journalistische Formate (MovieManiacsDE, vipmagazin, www16barsde), Letsplay Angebote (Gronkh, PietSmittie), Sketche (Y-Titty, DieAussenseiter, albertoson) und Videoblogs/Mischkanäle (Coldmirror, JuliensBlog). Interessant an dieser Top-Liste ist, dass mit Ausnahme von JuliensBlog alle Kanäle in 2008 oder früher eingerichtet wurden. Die Anbieter haben also schon einige Jahre YouTube Erfahrung.

Betrachtet man die letzten 18 Monate fällt auf, dass lediglich vier der zehn Kanäle eine signifikante Steigerung der Videoabrufe pro Monat erzielen konnten wohingegen die anderen sechs Kanäle ihr Niveau gehalten haben. Anscheinend haben diese Kanäle ihr Publikum gefunden und dieses lässt sich nicht weiter skalieren.

Eine nähere Analyse der letzten 30 Tage zeigt den Wert des Archivs für YouTube-Kanäle. Bei fast allen Kanälen entfallen über 50% der Abrufe auf Videos die nicht in dieser Zeit hochgeladen wurden. MovieManiacsDE und vipmagazin sind besonders extrem. In den letzten 30 Tagen gab es offensichtlich keine neuen Filmtrailer, die Nutzer gezogen hätten, so dass die Kanäle trotz vieler neuer Uploads fast komplett vom Archiv lebten.

Während es das Archiv einfach macht das Niveau zu halten, lässt sich nur durch eine gute Performanz der neuen Uploads ein Kanalwachstum erzielen. PietSmittie und JuliensBlog haben das im letzten Jahr gezeigt. Während JuliensBlog über wenige erfolgreiche Videos innerhalb eines Jahres zu einem der populärsten deutschen Kanäle wurde, stammt das Wachstum von PietSmittie aus der schieren Menge an neuen Inhalten. 413 neue Videos mit einer Gesamtdauer von über 134 Stunden wurden in den letzten 30 Tagen veröffentlich – das sind immerhin 4,5 Stunden neues Programm pro Tag.

Umsatzschätzung der YouTube Kanäle

Eine genaue Analyse der Umsätze der Kanäle ist schwierig, da es YouTube seinen Partnern verbietet über die TKPs Erlöse (Partner dürfen über die erhaltenen Auszahlungen sprechen – danke Legendofmania) und den verhandelten Share zu sprechen. Zudem werden nicht alle Videoabrufe vermarktet, da viele Geräte noch keine Werbung unterstützen (iPhone, iPad, andere Smartphones, AppleTV …). Die Quote der mobilen Abrufe liegt in Deutschland bei bis zu 40% – kein Wunder also, dass YouTube massiv daran arbeitet auf mehr Geräten Werbung zeigen zu können.

Um trotzdem eine Annäherung zu bekommen habe ich exemplarisch einen effektiven TKP von 2,50 Euro angenommen und diesen mit den Gesamtabrufen des letzen Monats verrechnet. Die tatsächlichen Umsätze können natürlich deutlich über oder unter diese Schätzung liegen. Folgt man den Annahmen zeigt sich, dass noch nicht einmal alle aus den Top 10 gut von den YouTube Umsätzen leben können. Trotzdem gibt es auch in Deutschland den einen oder anderen Kanal der definitiv sechststellige Summen von YouTube im Jahr überwiesen bekommt.

Stellt man die erzielten Einnahmen den produzierten Minuten der letzten 30 Tage gegenüber zeigen sich enorme Unterschiede. Während die Erlöse pro Minute in der Letsplay-Kategorie eher bescheiden sind können sich die Einnahmen bei den Videoblogs und Sketchen durchaus sehen lassen wobei dort natürlich auch die Produktionskosten je Minute deutlich höher sein dürften.

Die Zahlen deuten zudem an, dass man immer noch massive Abrufzahlen benötigt um von YouTube leben zu können. Somit machen momentan hauptsächlich Formate und Kanäle (kommerziellen) Sinn, die es schaffen Millionen Abrufe jeden Monat zu realisieren. Auch wird bei dieser Momentaufnahme außer Acht gelassen, dass die Meisten der heutigen Top-YouTuber Jahrelang ohne Entlohnung in Inhalte und Plattform investiert haben. Investitionen, die gerade erst beginnen sich auszuzahlen.

Professionellere Strukturen

Dass sich auf YouTube Geld verdienen lässt haben nicht nur die Top-YouTuber festgestellt sondern auch Investoren und Startups drängen in diesen Bereich. So wurden in letzter Zeit gleich mehrere YouTube-Netzwerke mit Venture Capital ausgestattet und es entwickeln sich immer mehr YouTube-Labels, die die Betreuung und Vermarktung von YouTube-Kanälen übernehmen. Während Maker Studios, Fullscreen oder Broadband TV jeweils mehrere hundert Kanäle unter Vertrag haben wächst in Deutschland Mediakraft stetig und hat nun über 80 Kanäle im Portfolio. Es ist nur eine Frage der Zeit bis hier noch deutlich mehr Anbieter ihr Glück versuchen werden.

Wir werden also in nächster Zeit nicht nur den Start von Original Channels in Deutschland erleben sondern auch deutlich professionellere Strukturen.


Weitere Fragen?

Haben Sie Fragen zu meiner Tätigkeit oder benötigen meine Unterstützung?

info@gugelproductions.de